Gedenkstätte Lengeder Grubenunglücke
Der Schacht: Die Erzlagerstätten in der Umgebung von Peine stehen leicht geneigt an – so auch das muldenförmige Vorkommen in Lengede-Broistedt. Im Verlauf des Tagebaus wird es ab 1918 wirtschaftlicher, das Erz im Tiefbau zu fördern. Daher wird der Schacht Mathilde mit einem Durchmesser von 6 Metern bis auf 66 Meter abgeteuft und nimmt 1921 seinen Betrieb auf. Der ständige Ausbau der Grube erfordert ein weiteres Abteufen des Schachtes, bis 1937 die abschließende Tiefe von 112 Metern erreicht wird.
Da 1957 der andere Schacht Anna stillgelegt wird, läuft die Erzförderung bis 1966 über Mathilde. Danach erfolgt die Förderung nicht mehr über den Schacht, sondern über eine Erzpumpanlage. In einer 130 Meter hohen Steigleitung wird das Erz-Wasser-Gemisch direkt in die Erzaufbereitung gedrückt. Die Vorwäsche entfällt und wird stillgelegt. Schacht Mathilde dient nur noch zur Seilfahrt. Mit dem Aus für den Erzbergbau in Lengede-Broistedt 1977 steht auch Schacht Mathilde endgültig still. Am 20. September 1979 wird der Förderturm gesprengt.

Klärteich 12: Zu Beginn des Erzabbaus in Lengede ist das Eisenerz kalkhaltig, weist aber als Bindemittel mit zunehmender Abbautiefe immer mehr Ton auf. Während ersteres zu unproblematisch zu verhütten ist, muss der Ton entfernt werden. Dazu wird das Erz mit Wasser gewaschen und der Ton ausgeschwemmt. In einem Absetzbecken, dem so genannten Klärteich, setzt sich der Ton ab. Das geklärte Wasser wird erneut zum Waschen eingesetzt. Um eine Größenordnung zu nennen. Zum Waschen von 1 Millionen Tonnen Roherz sind 7 Millionen Kubikmeter Wasser nötig. Zurück bleiben eine halbe Millionen Tonnen Klärschlamm. Zur Anlage von Absetzbecken werden Ringdämme errichtet und später die ausgebeuteten Gruben der Tagebaue Mathilde und Sophienglück benutzt. Auch der in den Jahren 1961/62 angelegte Klärteich 12 ist ein Teilstück des ausgeerzten Tagebaus Mathilde.
Aus bis heute ungeklärten Gründen bricht am 24. Oktober 1963 der Klärteich 12 über dem Tiefbau der Grube Lengede-Broistedt. Rund 460 000 Kubikmeter Wasser und Schlamm überfluten in kurzer Zeit alle Stollen bis zur 60-m Sohle.

Bei dem Unglück sterben 29 Bergleute. Weil nach 14 Tagen noch 11 Kumpel gerettet werden können ist das Unglück unter dem Namen, das „Wunder von Lengede“ bekannt. Nach dem Unglück von 1963 übernehmen andere Klärteiche dessen Aufgabe. Heute sind große Teile des ehemaligen Abbau- bzw. Klärteichgeländes renaturiert und stehen unter Naturschutz.
Umnutzung und Veränderung: Nach der Stillegung des Erzbergbaus in Lengede werden Teile der Grubenbauten, wie z.B. der Förderturm und die Erzwaschanlagen gesprengt bzw. abgebrochen.
Die Verwaltungsbauten und Werkstätten können jedoch umgenutzt werden. Neue Betriebe und Unternehmen finden hier ihr Unterkommen. Von der früheren Nutzung ist nur wenig zu erkennen.
Das Foto aus dem Jahre 1966 zeigt, das die heute noch stehenden Gebäude damals als Wagen- und Lokwerkstatt verwendet wurden. Schacht Mathilde, auf dem Foto im Hintergrund zu sehen, mit der angeschlossenen Erzwäsche 3 ist abgebrochen. Auf dem ehemaligen Holzlagerplatz der Grube, von dem Teile im Vordergrund der Abbildung zu erkennen sind, stehen neu errichtete Gewerbebauten.

Neue Aussichten: Bäume und Grün beherrschen heute ein Gelände, das vor knapp 3 Jahrzehnten noch von Bergbau und Bergwerksarchitektur geprägt war. Im Zeitraum von 1872 bis 1977 wird hier von der Ilseder Hütte und dem Nachfolgeunternehmen Peine-Salzgitter AG Eisenerz abgebaut: Zuerst im Tagebau, dann ab 1915 auch im Tiefbau. Insgesamt 55,7 Millionen Tonnen Erz sind in 105 Jahren aus der Lengeder Erde herausgeholt worden, davon 42,9 Millionen Tonnen im Tiefbau. Dabei sind rund 14 Millionen Kubikmeter Abraum angefallen. Die höchste Belegschaftszahl mit 2.217 Arbeitern und Angestellten wird 1923 erreicht, die höchste Jahresförderung wird 1973 mit 1,5 Millionen Tonnen Roherz erzielt.
Aus dem Abraum des Tagebaus Mathilde entsteht zwischen 1917 und 1927 ein Hügel, der sich 62,7 Meter über die umgebende Landschaft erhebt. Auf dieser „Seilbahnberg“ genannten Erhöhung sind rund 520.000 Kubikmeter per Seilbahn aufgeschüttet worden. Das Foto zeigt das Grubengelände 1938. In der Mitte ist Schacht Mathilde, dahinter rechts Schacht Anna zu erkennen. In der linken oberen Bildhälfte befinden sich der Tagebau Mathilde und der Seilbahnberg.

Heute sind weite Teile des ehemaligen Grubengeländes renaturiert und zum Teil als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Von der Montanwirtschaft ist so gut wie nichts mehr zu sehen.



Schacht Mathilde
Schacht Anna
Schacht Mathilde – der Eisenerzgrube Lengede-Broistedt
1818/19 – abgeteuft auf 66,0 m; Durchmesser 6,0 m; Ausmauerung 0,51 m
Koordinaten – 52°11`56,17″N,10°19´17,30″0
Höhe über NN – 85,89
1921 – Inbetriebnahme, Höhe des Förderturms 42 m
1937 – weiter abgeteuft auf 112 m
Bis 1966 – Förderschacht (Wagenförderung), Material- und Seilfahrtschacht. Von 1939 bis 1957 Förderschacht von der 100 zur 60 m-Sohle. Die Eisenerze wurden dann über Schacht Anna zu Tage zur Erzaufbereitung transportiert
Ab 1967 – Seilfahrt- und Materialschacht , Förderung über Erzpumpanlage, weil die Fördertechnik nach dem Grubenunglück 1963 – Wassereinbruch – umgestellt wurde. Die Eisenerzgrube entwickelte sich zur modernsten in Europa
30.12.1977 – Einstellung der Eisenerzförderung
20.09.1979 – Sprengung des Förderturmes
1979 – Außerbetriebnahme, mit Schlacke verfüllt und mit Betondeckel verschlossen
Ende 1979 – Grube aus der Bergaufsicht entlassen
Schacht Mathilde stand in Blickrichtung ca. 20 m entfernt
Schacht Anna-der Eisenerzgrube Lengede Broistedt
1913/14 – abgeteuft auf 73,0 m; Durchmesser 6,0 m; Ausmauerung 0,51 m
Koordinaten – 52°1`0,80″N; 10°19`36, 86″0
Höhe über NN – 86,78 m
1915 – Inbetriebnahme, Höhe des Förderturmes 36 m
Bis 1957 – Förderschacht (Wagenförderung), Material- und Seilfahrtschacht
1957 – 1962 – Wetterschacht
22.12.1959 – Fördergerüst wird umgelegt
1962 – Außerbetriebnahme des Wetterschachtes und verfüllt
Schacht Anna stand in Blickrichtung ca. 100 m entfernt

Grubenunglück 24.10.1963
Sie ruhen 60 Meter unter uns
Reinhard Guth Lengede 17.5.1930 Er blieb im Süden der Grube | Heinrich Barthia Lengede 31.1.1925 | Günther Bühner Lengede 15.3.1933 | Heinz Hanisch Bodenstedt 17.5.1930 | Wilhelm Kocem Lengede 2.7.1919 |
Friedrich Ross Lengede 2.6.1922 | Ewald Schnabel Lengede 12.5.1925 | Hans Werner Stephan Lengede 6.8.1931 | Albert Stolze Woltwiesche 15.10.1910 | Karl Heinz Vorhold Lengede 24.4.1934 |
Walter Zühlke Lengede 26.12.1911 |
Reinhard Guth Lengede 17.5.1930 Er blieb im Süden der Grube | Heinrich Barthia Lengede 31.1.1925 | Günther Bühner Lengede 15.3.1933 |
Heinz Hanisch Bodenstedt 17.5.1930 | Wilhelm Kocem Lengede 2.7.1919 | Friedrich Ross Lengede 2.6.1922 |
Ewald Schnabel Lengede 12.5.1925 | Hans Werner Stephan Lengede 6.8.1931 | Albert Stolze Woltwiesche 15.10.1910 |
Karl Heinz Vorhold Lengede 24.4.1934 | Walter Zühlke Lengede 26.12.1911 |



Sie wurden auf Ihren Heimatfriedhöfen bestattet
Helmut Heimberg Lengede 1.2.1932 | Erhard Dreyer Lengede 14.1.1955 | Karl Eull Lengede 25.11.1918 | Bruno Scholz Lengede 3.4.1908 | Bernhard Bürgel Broistedt 28.07.1909 |
Paul Hollesch Woltwiesche 17.10.1909 | Heinrich Schindler Broistedt 17.11.1909 | Walter Betti Lengede 14.1.1910 | Max Franz Lengede 19.1.1913 | Bernhard Lenser Salzgitter-Lesse 10.05.1924 |
Walter Schleng Woltwiesche 22.07.1926 | Fritz Schulz Klein Lafferde 26.7.1928 | Karl Störmer Lengede 30.3.1929 | Alfred Nayda Lengede 5.7.1929 | Erich Giebel Köchingen 4.12.1929 |
Karl Lautemann Lengede 2.2.1931 | Hans Schnerwitzki Steinbrück 6.3.1936 | Erich Klomfass Lengede 6.3.1937 |
Helmut Heimberg Lengede 1.2.1932 | Erhard Dreyer Lengede 14.1.1955 | Karl Eull Lengede 25.11.1918 |
Bruno Scholz Lengede 3.4.1908 | Bernhard Bürgel Broistedt 28.07.1909 | Paul Hollesch Woltwiesche 17.10.1909 |
Heinrich Schindler Broistedt 17.11.1909 | Walter Betti Lengede 14.1.1910 | Max Franz Lengede 19.1.1913 |
Bernhard Lenser Salzgitter-Lesse 10.05.1924 | Walter Schleng Woltwiesche 22.07.1926 | Fritz Schulz Klein Lafferde 26.7.1928 |
Karl Störmer Lengede 30.3.1929 | Alfred Nayda Lengede 5.7.1929 | Erich Giebel Köchingen 4.12.1929 |
Karl Lautemann Lengede 2.2.1931 | Hans Schnerwitzki Steinbrück 6.3.1936 | Erich Klomfass Lengede 6.3.1937 |
Gedenktafel 24. Oktober 1963
AM 24. OKTOBER 1963 GEGEN 20 UHR/ALS DICHTER NEBEL ÜBER DEM GELÄNDE LAG/BRACH DER KLÄRTEICH12 – WASSER UND SCHLAMM ERGOSSEN SICH IN DIE GRUBE MATHILDE – IN KURZER ZEIT WAREN ALLE STRECKEN BIS ZUR 60 m SOHLE ÜBERFLUTET
29 BERGLEUTE VERLOREN IHR LEBEN
DURCH DAS RETTUNGS-BOHRLOCH GELANG ES IN ÜBERMENSCHLICHER ANSTRENGUNG UND DANK WUNDERBARER FÜGUNGEN NACH 14 TAGEN 11 MANN AUS EINEM HOHLRAUM IM BRUCH IN 60 m TIEFE ZU RETTEN – 10 IHRER KAMERADEN STARBEN NEBEN IHNEN. WIR KONNTEN SIE NICHT MEHR BERGEN.
GOTT GEBE IHNEN FRIEDEN



Durch eine Sprengstoffexplosion am 26.1.1968 verloren wir 12 Kameraden/Tief betroffen trauern wir um die Toten

Reinhard Bartels, Ernst Frank
Werner Gärtner, Max Glanz
Bruno Hahn, Heinrich Hausmann
Heinrich Jakobs, Helmut Patzelt
Konstantin Reil, Helmut Seifert
Alfred Schmidt, Jimmy W. Wilson
